Die Ausbildung zum Systemischen Organisationsberater war in acht Module unterteilt – von den Grundlagen der Beratung über die Moderation in Konflikten bis hin zum Abschlusscolloquium. Vierteljährlich fanden zudem zweitägige Seminare und Workshops statt. Zwischen den Terminen tauschten sich die Teilnehmenden in Peergroups à drei bis vier Personen aus. Die Qualifizierung war ein Angebot im Rahmen des Programms „LiGa – Lernen im Ganztag“ und wurde vom Berliner artop Institut konzipiert und umgesetzt.

Wie war die Ausbildung aufgebaut war und was waren die Schwerpunkte? 

Antje Fritzsche: Da ich erst im April 2017 zum Landesschulamt Sachsen-Anhalt kam, bin ich etwas später in die Fortbildung eingestiegen und habe am Einstiegsseminar nicht teilgenommen. Dort wurden die Themen der Module gemeinsam mit den Teilnehmenden erarbeitet und Schwerpunkte festgelegt. Vieles war schon vorgeplant, dennoch gab es genügend Flexibilität, um auch die Wünsche der Teilnehmenden aufzunehmen. Aus meiner Sicht waren die wesentlichen Themen der Fortbildung Organisationsentwicklung, Beratung, Moderation und Gesprächsführung.

Was haben Sie aus der Fortbildung mitnehmen können?

Antje Fritzsche: Für mich war die Teilnahme an dieser Fortbildung ein großer Glücksfall. Ich konnte mir ein Netzwerk aufbauen, auf das ich immer noch zurückgreifen kann und kam mit den Kollegen direkt ins Gespräch. Die neue Stelle war mit vielen neuen Aufgaben und Herausforderungen verbunden. Durch die Fortbildung konnte ich mir schnell Feedback holen, auch bei aktuellen Themen und Problemen, die mich umgetrieben haben. 

Wie sah der Ablauf mit den verschiedenen Formaten im Einzelnen aus?

Antje Fritzsche: Die Vor-Ort-Termine der insgesamt acht Module waren immer über zwei Tage angelegt, Freitag und Samstag. Sie waren präsenzpflichtig. Im Nachgang wurden die Inhalte dann noch digital verschickt, so dass man viele Sachen noch einmal nachschauen konnte. Pro Modul gab es immer auch eine Aufgabe für die Anwendung im Arbeitsalltag. Zudem haben sich Peer-Gruppen zusammengefunden. Vorrangig geschah dies nach dem Regionalprinzip, also nach den Standorten des Landesschulamtes Sachsen-Anhalt in Halle, Dessau, und Magdeburg.

Die Peer-Gruppen selbst waren schulformübergreifend. So kamen die Kollegen aus dem Gymnasialbereich, aus dem Grund – und Förderschulbereich oder aus dem Sekundar- und Gemeinschaftsschulbereich. Die Gruppe hat sich dann immer mindestens einmal zwischen den Modulen getroffen, um eine bestimmte Aufgabe zu bearbeiten. Meist haben wir uns aber mehrmals getroffen, um in den Austausch zu treten. Die Termine haben wir selbst gelegt, da gab es keine Vorgabe. 

Können Sie uns ein praktisches Beispiel für so eine Aufgabe zwischen den Modulen geben?

Antje Fritzsche: Eine Aufgabe war es, zu beobachten, welche Herausforderungen und Probleme im Alltag auftreten. Im nächsten Schritt ging es darum, zu schauen, ob das Problem trivial, einfach zu lösen oder vielleicht eher komplex ist. Im Anschluss haben wir dann dokumentiert, wie wir es gelöst haben. Ich muss sagen, dass mir diese Methode auch noch heute sehr häufig hilft, wenn es darum geht, Probleme zu bearbeiten oder Lösungsstrategien zu entwickeln. Das kann man in ganz unterschiedlichen Situationen anwenden.

Warum ist die systemische Organisationsberatung für die Arbeit der Schulaufsicht hilfreich?

Antje Fritzsche: Für mich war die Fortbildung ein guter Einstieg, weil ich noch einmal vieles, was ich aus den Veranstaltungen der Führungskräfteentwicklung Sachsen-Anhalt (FeSa) mitgenommen hatte, festigen, wiederholen oder auffrischen konnte: Gesprächsarten, Gesprächstechniken, welche Rolle spielt das Umfeld, das Setting – und welche Rolle spiele ich in dem ganzen System. So konnte ich eine gute Rollenklärung für mich vornehmen.

Ich kam als Schulleiterin in die Schulaufsicht und hab dort ein ganz anderes Beziehungsgefüge vorgefunden. Bei meinen ersten Beratungen mit Schulleitungen fühlte ich mich immer noch in der Rolle als Schulleiterin, die weniger berät, sondern eher sagt, was sie in dieser Situation machen würde. Das hat sich in im Laufe der Zeit geändert, als mir klar wurde, welche Aufgaben ich habe: beraten, begleiten und vor allem unterstützen, und zwar aus Sicht der Schulaufsicht.

Wir sind alle in diesem System verortet und uns allen ist daran gelegen, dass Schule möglichst gut funktioniert. Daher geht es darum zu schauen: Wie kann ich unterstützen, zum Beispiel in Hinsicht auf personelle Ressourcen? Wie kann ich Bedingungen kompensieren, die für die Schule nicht unbedingt von Vorteil sind?

Organisationsberatung findet im beruflichen Kontext immer statt. Wir konnten bei der Fortbildung konkrete Fälle mitbringen, um diese mit den Kollegen zu besprechen. Und die Trainer konnten uns ihren fachlichen Input geben, so dass man gemeinsam eine Lösungsstrategie entwickeln konnte. Das war alles sehr praxisorientiert. Wir konnte Dinge ausprobieren und wenn es funktioniert hat, dann hat man sich gefreut. Und wenn nicht, hatte man auch immer eine Idee, was man anders machen könnte. Die Reflexionsfähigkeiten sind geschärft worden.

Können Sie uns ein praktisches Beispiel für eine systemische Beratung aus Ihrem Arbeitsalltag geben?

Antje Fritzsche: Eine stellvertretende Schulleiterin rief mich an und sagte, die Zusammenarbeit zwischen der Schulleitung und ihr funktioniere nicht. Ich habe daraufhin gefragt, was sie sich davon erwartet, wenn wir zusammenkommen und was ich tun kann. Sie wünschte sich eine Antwort auf die Frage, wie eine Zusammenarbeit funktionieren kann. Ich habe dann überlegt, ob sie ein Problem persönlicher Art hat oder ob es ein strukturelles Problem gibt. Bei einem weiteren Gespräch hat sich herausgestellt, dass die Arbeitsgestaltung schon von Anfang an sehr separierend war: Im Prinzip gab es keine Zusammenarbeit, jeder hat für sich gearbeitet, sowohl räumlich als auch inhaltlich. Im nächsten Schritt habe ich dann mit beiden gesprochen und gesagt, dass wir uns an einen Tisch setzen müssen, um eine Lösung zu finden. Wir haben uns dann gemeinsam einen richtigen Fahrplan zusammengestellt und abgearbeitet. Besonders wichtig war dabei zu klären, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist, die entsprechenden Entscheidungen trifft und was von beiden gemeinsam gemacht werden muss. Denn es muss auch für das Kollegium deutlich werden, dass eine inhaltliche und administrative Zusammenarbeit stattfindet.

Im Ergebnis der Beratung wurden konkrete Vereinbarungen wie regelmäßige Besprechungen, klare Entscheidungskompetenzen festgelegt, die immer noch Bestand haben. Die Rückmeldungen der Schulleitungsmitglieder sind positiv.

Welche Methoden haben sie angewendet?

Antje Fritzsche: Da sind verschiedene Methoden miteingeflossen: Wie baut man Gespräche auf, welche Fragen stellt man. Auch vieles, was ich durch die Systemische Beratung gelernt habe, kam da zum Einsatz. Beispielsweise gibt es bestimmte Fragen, um die Struktur des Konfliktes sichtbar zu machen und auch um die Verantwortlichkeit der Kollegen in diesem Konflikt deutlich zu machen. Es geht ja nicht darum, dass jemand zu mir kommt, ein Problem auf den Tisch packt und ich löse das. 

„Das ist auch das Wesentliche, was ich gelernt habe. Probleme gehe ich gemeinsam mit den Leuten an. Ich bin nicht allein für die Lösung des Konflikts verantwortlich.“

Antje Fritzsche, Referentin für Sekundar- und Gemeinschaftsschulen im Landesschulamt Sachsen-Anhalt  © easy: Foto Dessau

Gab es eine Methode oder einen Aspekt der systemischen Beratung, der bei Ihnen auf besonders großes Interesse stieß? Wenn ja, welcher?

Antje Fritzsche: Für mich war vor allem der Problemlöse-Zyklus von besonderem Interesse, um mir das Problem deutlich zu machen und auch den Umgang damit. Dabei geht es auch um die Klärung meiner eigenen Rolle. Das strukturiert nachhaltig meinen Arbeitsalltag. Natürlich gibt es stressige Situationen, aber da versuche ich, mir immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, wofür ich verantwortlich bin und was meine Aufgabe ist.

Haben Sie noch Kontakt mit anderen Teilnehmenden der Fortbildung?

Antje Fritzsche: Ja, es hat sich so eine Art Netzwerk gebildet. Wir führen zum Beispiel jährlich im März Schulleitertage für die Sekundar- und Gemeinschaftsschulen in Sachsen-Anhalt durch. Dazu holen wir uns Expertise aus den anderen Bereichen und da treffen sich auch immer wieder einzelne Mitglieder der Peer-Gruppen. So gestalten wir zusammen Workshops und nutzen die Gelegenheit, um uns zu fachlichen Fragen auszutauschen.

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